Gottesteilchen

Seitdem am 3. Juli die ersten Meldungen über die Entdeckung des Higgs-Bosons veröffentlicht wurden, ist der Nachrichten kein Ende, in denen von diesem Elementarteilchen als Gottesteilchen die Rede ist. Nicht nur Wissenschaftler weisen darauf hin, dass diese Bezeichnung irreführend ist – auch in vielen Blogs ist man sich einig, dass Journalisten den Begriff gegen alle wissenschaftliche Seriosität in reißerischer Absicht benutzen, dabei einer verlegerischen Dummheit aufsitzen und indirekt zu verstehen geben, dass sie selbst weder von Physik noch von Theologie viel verstanden haben und dies auch von ihrer Leserschaft nicht erwarten. So weit, so gut (oder so schlecht).

Am 6. Juli war nun in der WELT der Artikel zu lesen: „Warum das Higgs-Boson kein Gottesteilchen sein darf“. Darin heißt es, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick appelliere an Wissenschaftler wie Journalisten, das am Europäischen Forschungszentrum Cern entdeckte Higgs-Boson nicht als „Gottesteilchen“ zu bezeichnen. Der Begriff „Gottesteilchen“ verleite zu dem Missverständnis, das Geheimnis der Schöpfung könne mit der Wissenschaft und dem menschlichen Verstand irgendwann völlig erklärt werden.

Irgendwann? Verleitet der Begriff „Gottesteilchen“ in Verbindung mit der Information, dass das Higgs-Teilchen das letzte Puzzlestück im mikroskopischen Modell sei, mit dem Physiker seit einem halben Jahrhundert die Welt beschreiben, nicht vielmehr zu dem Missverständnis, das Geheimnis der Schöpfung sei von der Wissenschaft und vom menschlichen Verstand genau jetzt, nämlich mit der Entdeckung des Higgs-Bosons, völlig erklärt?

Wäre nun das Higgs-Boson das Gottesteilchen, was könnte danach noch kommen? Und wenn es nur ein Gottesteilchen wäre – sind dann nicht alle Teilchen Gottes Teilchen?

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